Samstag, 20. September 2014

Kommunikation - reziproke Zuneigung

Kommunikation und reziproke Zuneigung
Kommunikation und reziproke Zuneigung*
Auszug aus Jürgen Zirbik: So ticken wir – psychologische Phänomene und Verhaltensgesetze für Führung, Verkauf und den ganzen Rest – Friendship Verlag, Nürnberg 2012
Grundsätzlich wissen wir ja, dass wir Menschen umso lieber mögen, je ähnlicher sie uns sind. Darauf weist schon das Gesetz der Sympathie hin, das besagt, dass wir Menschen sympathischer finden, die uns ähnlich sind. Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, dass, je größer die Unterschiede sind, desto größer die Gefahr einer Abneigung – alles eher unbewusst. Das hat Auswirkungen auf jede Art der Kommunikation. Ein Prinzip das noch stärker wirkt als das Ähnlichkeitsprinzip ist die so genannte Reziproke Zuneigung (umkehrende Zuneigung). „Die Theorie über Reziproke Zuneigung und Attraktivität besagt: Wir empfinden jemand anderen in dem Maße attraktiv, wie wir von der Person annehmen, dass sie uns mag. In mehreren Studien konnte der Einfluss reziproker Zuneigung auf die Attraktivität bereits nachgewiesen werden.“[i]

Kommunikation und Sympathie: Die Annahme genügt

Weiter heißt das, wir bewerten einen Menschen umso sympathischer, je mehr wir annehmen, dass dieser Mensch uns selbst mag. Das ist auch dann der Fall, wenn diese Person uns eher unähnlich ist. Damit schlägt das Prinzip der reziproken Zuneigung das Ähnlichkeitsprinzip aus dem Rennen. „Haben Sie es also mit vielen Menschen zu tun, die völlig anders sind als Sie selbst und Sie sind auf deren Sympathie angewiesen, so lassen Sie einfach zwischendurch immer einmal verlautbaren wie sympathisch Sie selbst diese Menschen finden.“[ii] Am besten funktioniert das über den sogenannten „Flur-Funk" (auch eine wichtige Form der informellen Kommunikation). Erzählen Sie einer dritten Person vertraulich, wie toll Sie den anderen oder die andere finden. Wählen Sie eine Person, von der Sie annehmen oder wissen, dass sie gerne alles ausplaudert. Sie können ziemlich sicher sein, dass Ihre „vertrauliche Botschaft“ am Ziel ankommt.

Was bedeutet das für Verhalten und Kommunikation?

Gute Kommunikation wird nun einmal sehr über die Qualität der Beziehung bestimmt. Passt die Beziehung, geht vieles einfacher und leichter. Ist man sich sympathisch, geht man respektvoll miteinander um, hört dem anderen interessiert und wertschätzend zu und traut sich offener miteinander zu sprechen – und man signalisiert das auch unbewusst körpersprachlich. Das alles fördert die gute Kommunikation.
Über die reziproke Zuneigung, also das offene oder verstecke, direkte oder indirekte Mitteilen der eigenen Sympathie für den entsprechenden Menschen, können Sie für positiven Beziehungsaufbau die Basis schaffen. Wenn Sie glauben, dass Sie der anderen Person sympathisch sind und das auch umgekehrt gilt, geht vieles leichter. Allerdings sollten Sie die Botschaft über Ihre Sympathie nur dann in die Welt setzten, wenn die andere Person Ihnen wirklich sympathisch ist oder genügend Anzeichen dafür vorhanden sind, dass es so sein könnte. Sonst besteht die Gefahr einer Dissonanz bei persönlichen Begegnungen. Die Person meint dann, sie sei Ihnen sympathisch, während Sie bei einer Begegnung unbewusst andere Signale aussenden - das ist irritierend und verschlechtert auch die Kommunikation.
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[i] http://de.wikipedia.org/wiki/Reziproke_Zuneigung_und_Attraktivit%C3%A4t
[ii] Volker Kitz, Manuel Tausch: Psycho? Logisch!, Heyne, 2011, Kindle-Version

* Bildnachweis: Fotolia.com

Freitag, 5. September 2014

Unsere beliebtesten Irrtümer

Aus Jürgen ZirbikSo ticken wir – Verhaltensgesetze und psychologische Phänomene für Führung, Verkauf und den ganzen Rest, Friendship Verlag, Nürnberg  2012

Überblick: Welchen Irrtümern wir aufsitzen

Attribution …
… ist die Art und Weise, wie wir Situationen und Ereignissen Ursachen zuordnen. Wir neigen dazu, die Ursachen bei Menschen zu suchen (internale Attribution) und weniger in den Umständen (externale Attribution). „Meier ist einfach zu doof, die Aufgabe zu lösen.“
Überlegenheitsillusion …
… besagt, dass wir uns grundsätzlich für besser halten als die anderen. Und wir überschätzen grundsätzlich unsere Stärken und unterschätzen unsere Schwächen.
Verfügbarkeitsfehler…
… umfasst einen Fehlschluss aufgrund der Präsenz von Informationen. Dazu tragen die Massenmedien bei. Haben Sie gerade einen Bericht über einen Flugzeugabsturz aufgenommen, schätzen Sie die Wahrscheinlichkeit abzustürzen höher ein. Selbiges gilt für Verbrechen und Terrorismus.
Kontrollillusion…
… ist der Glaube, dass man Situationen und Ereignisse im Griff hat, die nachweislich nicht oder nicht mehr beeinflussbar sind. Klassiker sind die Illusionen von Suchtkontrolle oder die Kontrolle von Börsenentwicklungen.
Rückschaufehler…
… beschreibt das Phänomen, dass wir Menschen, nachdem wir den Ausgang von Ereignissen erfahren, uns systematisch falsch an unsere früheren Vorhersagen erinnern. Wir verzerren unsere ursprünglichen Schätzungen in Richtung der tatsächlichen Ausgänge.
Verknappungsirrtum…
… besagt, dass wir ein Produkt oder eine Dienstleistung automatisch für besser finden, wenn es oder sie verknappt ist. Oft fallen wir auch noch künstliche Verknappung herein (… nur bis zum 31.12.2020), obwohl wir schon 1000 Mal erfahren haben, dass es auch nach dem 31.12.2020 weitere Sonderangebote gibt, die oft auch noch günstiger sind als die da bis dahin gültigen.
Irrtum der sinkenden Kosten (Sunk-Cost-Fallacy) …
… bezeichnet, dass wir uns sträuben, Entscheidungen zu widerrufen, wenn wir uns bereits angestrengt haben und in die Entscheidung investiert haben.

Unser Menschenbild trägt zu Trugschlüssen bei

Unabhängiges Menschenbild
Unabhängiges Menschenbild?
Unser unabhängiges, selbstbestimmtes Menschenbild führt dazu, dass wir bei den Äußerungen, dem Verhalten, und Handlungen einer Person unterstellen, dass alles was da geschieht, Ursache in der Person selbst findet. Kommt nun jemand zu spät zu einer Besprechung, liegt das natürlich an der Person selbst. „Wie immer“ kommt „Müller“ zu spät. Tatsächlich kann das ganz andere Ursachen haben, für die der Betreffende gar nicht verantwortlich zu machen ist. Ausfall der S-Bahn, kilometerlanger Stau, Zahnschmerzen des Kindes, oder was auch immer.
Trotzdem: Zuerst neigen wir dazu, der Person selbst die Ursache für alles zuzuweisen. Die Folge davon sind häufig Ungerechtigkeiten, Streit und Stress am Arbeitsplatz oder zuhause. Seien Sie sich also der „internalen Attribution“ bewusst und hinterfragen Sie Ihre automatischen Schlüsse selbstkritisch. Nicht immer ist die Person Ursache für ihr Verhalten oder ihre Äußerungen.Tipp: Fragen helfen.

Sonntag, 29. Juni 2014

Lüge und Kommunikation

Aus Jürgen Zirbik: Sie können das - Kommunikation mit GMV - mit gesundem Menschenverstand überzeugen, Friendship Verlag, Nürnberg 2014


Kommunikation: Wer einmal lügt ...


Bestimmt können Sie diesen Spruch zu Ende dichten. Wenn Menschen herausfinden, dass sie angelogen worden sind, führt das in der Regel zu einem Knacks. Erleben sie das mit einer Person häufiger, kommt es zum dauerhaften Vertrauensbruch. Das regelt der gesunde Menschenverstand. Das spielt übrigens eine recht große Rolle bei der Zuweisung von Glaubwürdigkeit zu bestimmten Berufsgruppen. Politiker und Journalisten stehen da ganz unten – sie wissen warum –, Ärzte und Geistliche ganz oben, allerdings haben Geistliche wegen der aufgedeckten Missbrauchsskandale kräftig an Vertrauensvorschuss eingebüßt.

Sie haben bereits mitbekommen, dass wir schon von Kindesbeinen an in der Lage sind, vortrefflich zu lügen. Ein Erwachsener lügt durchschnittlich 200-mal am Tag, so jedenfalls die Ergebnisse verschiedener Studien. Insbesondere in der öffentlichen Kommunikation erleben wir alle häufig, dass wir der Unwahrheit näher sind als der Wahrheit. Das alles führt dazu, dass die Lüge nach wie vor einen sehr großen Einfluss auf die Wirkung von Kommunikation hat. Und das ist gut so.


GMV-Tipp: Wer immer die Wahrheit sagt, braucht kein gutes Gedächtnis. Wahrheit macht gelassen und gibt eine fast schon charismatische Ausstrahlung, denn Wahrheit ist in Wahrheit selten geworden
.


Lüge: Was du nicht willst, das man dir tu’ ...


Bezogen auf Kommunikation ist dieser Imperativ heute noch gültig. Wenn ich nicht angelogen werden möchte, so sollte auch ich die Wahrheit sagen. Wenn ich Wertschätzung erwarte, sollte auch ich Wertschätzung geben. Diese Imperative gelten dann, wenn normale Umstände vorherrschen und man vom vernünftigen, emotional gesund gesteuerten Menschen ausgehen kann. Die Grenze dessen, was Menschen wünschen beziehungsweise eben nicht möchten, ist individuell sehr verschieden. Von daher besitzt dieser Spruch nur im Rahmen von Normalität Gültigkeit, nicht bei krankhaft veranlagten Menschen (Motto: Schlag mich…). Hat eine Person beispielsweise grundsätzlich nichts dagegen, mies behandelt zu werden – es soll ja Menschen geben, die stehen darauf –, verliert der Imperativ natürlich seine Bedeutung. Seine allgemeine Gültigkeit hat er nach Meinung verschiedener Kommentatoren bereits eingebüßt:

„... ist ein anachronistischer Imperativ, der früher das Zusammenleben von Menschen in Gesellschaften regeln sollte, im Zuge der Industrialisierung und Individualisierung der Menschheit aber zunehmend an Bedeutung verlor, da er die ungehemmte Ausbreitung des menschlichen Egos behinderte und das Recht des Stärkeren untergrub.“[i]


Gleichwohl: Aus GMV-Sicht und für jede normale Kommunikation scheint mir das „Was du nicht willst, …“ immer noch eine sehr brauchbare Grundhaltung zu sein. Manche Kommunikationssituation, die ich beobachte oder von der mir Menschen erzählen, hat so gar nichts von dieser einfachen Haltung. Führungskräfte gehen unwürdig mit Mitarbeitern um, Männer mit Frauen und umgekehrt, Politiker mit uns, Erwachsene mit Kindern usw.


Würde spielt in diesem Zusammenhang eine wunderbare Rolle. Ein schönes altes Wort, etwa so wie Ehre, das Kommunikation auch heute durchaus etwas verleihen kann, um sie einfach besser zu machen. Anders ausgedrückt führt das zu dem weiteren Imperativ: 



Behandle andere so, wie Du selbst behandelt werden willst


Auch das wird heute und insbesondere unter psychologischen Gesichtspunkten kritisch gesehen, denn es widerspricht den Prinzipien der Individualität in der Kommunikation.
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[i] http://de.uncyclopedia.org/wiki/Was_du_nicht_willst,_dass_man_dir_tu,_das_ fProzentC3ProzentBCg_ auch_keinem_andern_zu