Sonntag, 3. November 2013

Kommunikation: Aktives Zuhören

Das aktive Zuhören ist als Kommunikationstechnik schon ein uralter Begriff. Der amerikanische Psychologe und Psychotherapeut Carl Rogers hat das aktive Zuhören in 1970er Jahren erstmals als Werkzeug für die „klientenzentrierte Psychotherapie“ (Gesprächspsychotherapie) beschrieben. Aktives Zuhören ist deshalb so wichtig, weil es Wertschätzung und Respekt sowie echtes Interesse am Gesprächspartner zeigt und aufrechterhält. Das aktive Zuhören hat seinen Ursprung, wie andere Kommunikationstechniken oder –methoden (siehe auch NLP), in der Psychotherapie.
„In der Psychotherapie wird die Methode des aktiven Zuhörens schon lange angewendet. Das aktive Zuhören hat einen festen Platz in der Gesprächstherapie und auch Kommunikationsfachleute schulen in ihren Kursen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im aktiven Zuhören. Kursabgänger bestätigen, dass für eine konstruktive Gesprächsführung das aufmerksame Zuhören ebenso wichtig ist wie das klare und verständliche Reden.“[i]
Wir wollen am Primat und der Wirkung der Charakter-Kommunikation weiter festhalten und Techniken lediglich als Ergänzung für gute Kommunikation und gutes Verhalten verstehen - das sagt uns schon der gesunde Menschenverstand (GMV). Daher nur eine kurze Aufzählung dazu, was beim Gesprächspartner den Eindruck erweckt, dass man aktiv zuhört und somit echtes Interesse bekundet:
  • Interesse am Gesprächspartner (GP) haben und zeigen
  • Auf den Gesprächspartner konzentrieren - durch Körperhaltung zeigen, z.B. aufrechter Sitz, zugewandt, nicken
  • Konzentration auf den Gesprächspartner – nicht ablenken lassen
  • Wiederholen, zusammenfassen, nachfragen
  • Auf den Zustand und die Gefühle des GP achten – ggf. ansprechen
    „Mir kommt es so vor, als wären Sie sehr angespannt, ...“
  • Wertschätzung aufbauen – Wertschätzung zeigen und benennen
    „Schön, dass Sie Zeit gefunden haben, damit wir uns in Ruhe ...“
  • Ruhe und Geduld haben – Zuhören, Pausen aushalten ...
  • Natürlichen Blickkontakt herstellen und beibehalten – nicht ständig fixieren
  • Vorwürfe und Kritik annehmen und konstruktiv behandeln
    Annehmen: „... mein Fehler ... Entschuldigung“.
    Konstruktiv: z.B. „Ich kann diese Sichtweise verstehen. Lassen Sie uns nach einer Lösung suchen.“
  • Sich in die „Schuhe des GP stellen“, Empathie – nachvollziehen können, was der GP fühlt, wo er steht, wie seine „Landkarte“ aussieht

Aktives Zuhören: meinen Sie es auch so

All diese Dinge können Sie „technisch“ tun, ohne es tatsächlich so zu meinen. Sehr viel wirkungsvoller ist es, mit dem aktiven Zuhören so umzugehen, dass es Ihrer tatsächlichen Haltung und Einstellung entspricht. Die reine Technik wird immer dann, wenn dazugehöriges Verhalten nicht Ihrem Inneren entspricht, zu einer Dissonanz (Widerspruch) in Ihnen führen, also eine Unstimmigkeit, meist zwischen Äußerungen, bewusstem Verhalten und unbewusster Körpersprache auslösen. Diese Dissonanz nimmt der Gesprächspartner in der Regel unbewusst war und entwickelt dabei ein intuitiv ungutes Gefühl in der Gesprächssituation.
Aktives Zuhören ist also eher eine Haltung, als eine Technik. Durch verbales und nonverbales Verhalten zeigen Sie dem Gesprächspartner, dass Sie aufmerksam sind, dass Sie ihn verstehen wollen und dass Sie Interesse an ihm haben. Vier sinnvolle Stufen des aktiven Zuhörens:

WAHRNEHMUNG

Wir nehmen selektiv wahr. Das ist auch sinnvoll, denn der Mensch wäre gar nicht fähig, auf alle Informationen, Reize, Eindrücke einzugehen.

VERSTEHEN

Beim Verstehen wird das Gehörte aufgefasst und begriffen. Missverständnisse können zum Beispiel entstehen, wenn Sender und Empfänger Begriffe verschieden definieren.

WERTUNG

Wir tendieren dazu, zu bewerten, was wir gehört und verstanden haben. Feedback kann helfen, Missverständnissen vorzubeugen

REAKTION

Verbale und nonverbale Reaktionen, wie Kopfnicken, Blickkontakt etc. sind Techniken, die aktives Zuhören erleichtern. Aktives Zuhören ist lernbar. Es heißt nicht, dass Aussagen einfach wiederholt werden müssten. Das "Spiegeln" von Aussagen ("Habe ich richtig verstanden, dass ...?") hilft aber zu zeigen, dass die Aussage registriert wurde. Wer sieht, dass das Gehörte zusammengefasst werden kann, fühlt sich verstanden. Es führt bei Gesprächen letztlich zum Zeitgewinn.[ii]
Nochmals: es geht um Haltung, nicht um Technik. Kommunikations-Techniken und das Wissen um psychologische Phänomene der Kommunikation können nur dann positiv wirksam werden, wenn die damit verbundenen Fähigkeiten (z.B. Körpersprache steuern und lesen können, aktives Zuhören, Spiegeln etc.) eine „saubere Haltung“ wiederspiegeln. Das wussten schon unsere Vorfahren vor langer Zeit, wie der französische Adlige, Literat und Moralist Francois de la Rochefoucauld im 17ten Jahrhundert:
„Einer der Gründe, warum man in der Konversation so selten verständige und angenehme Partner findet, ist, dass es kaum jemanden gibt, der nicht lieber an das dächte, was er sagen will, als genau auf das zu antworten, was man zu ihm sagt. Die Feinsten und Gefälligsten begnügen sich damit, während man es ihrem Auge und Ausdruck ansehen kann, dass ihre Gedanken nicht bei unserer Rede sind, sondern sich eifrig mit dem beschäftigen, was sie sagen wollen. Sie sollten bedenken, dass es ein schlechtes Mittel ist, anderen zu gefallen oder sie zu gewinnen, wenn man sich selbst so sehr zu gefallen sucht, und dass die Kunst, gut zuzuhören und treffend zu antworten, die allerhöchste ist, die man im Gespräch zeigen kann.“
Solange man selbst redet, erfährt man nichts.
Marie von Ebner-Eschenbach


[i] http://www.rhetorik.ch/Hoeren/Hoeren.html
[ii] http://www.rhetorik.ch/Hoeren/Hoeren.html

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